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dem sie dann irgendwann die Lust verloren hatte.
Doch Phoebe hatte nicht vor, das Spiel »Abaddon« vorzeitig
zu den Akten zu legen. Level 5, ein Gebiet mit vielen
unterirdischen Dungeons und Grabgewölben, harrte bereits auf
ihr Eintreffen, und Phoebe konnte es kaum erwarten, sich dem
Kapitel-Boss »Portis« in der Gruft des Schreckens zu stellen.
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Mit einem flauen Gefühl im Magen betätigte Teddy die
Klingel zu Erics Elternhaus ein großes frei stehendes Gebäude
im Queen-Anne-Stil mit Turmaufsatz.
Sie wusste nicht, ob es richtig war, schon einen Tag nach
dem schrecklichen Vorfall hierzu erscheinen und den Eltern ihr
Beileid über den Tod ihres Sohnes auszusprechen, doch
irgendetwas hatte sie förmlich hierher getrieben.
Die schwere Holztür wurde geöffnet, und ihr Blick fiel auf
einen blonden jungen Mann, der sehr viel Ähnlichkeit mit Eric
hatte. Sogar das Tiefgrün ihrer Augen war identisch. »Ja,
bitte?«, sagte er mit leiser Stimme.
»Guten Tag«, begann Teddy zögernd. »Ich bin Teddy Myers,
eine Freundin von Eric, und ich wollte « Sie brach ab.
»Ach, ja«, sagte ihr Gegenüber traurig. »Wir hatten gestern
telefoniert, nachdem Eric & Ich bin Frank Sotheby, Erics
Bruder & Aber komm doch herein.«
Teddy betrat das große Haus und wurde von Frank durch eine
Schiebetür in einen eleganten dämmrigen Salon mit vielen
Erkern und Nischen geführt.
»Nimm doch Platz«, sagte der junge Mann. »Meine Eltern
sind nicht da. Es gibt ja noch so viel zu tun wegen der
Beerdigung und so & « Sein Blick ging für einen Moment ins
Leere, dann sah er Teddy an. »Wart ihr gute Freunde, mein
Bruder und du?«
»Ja«, sagte Teddy, »ich glaube schon. Eric geht & ging auf
die gleiche Schule wie ich, und wir haben in unserer Freizeit
auch das gleiche Computer-Rollenspiel gespielt & das uns
unheimlich viel Spaß gemacht hat.« Sie holte unmerklich Luft.
Was redete sie denn da für einen Schwachsinn? Ihre Gedanken
wirbelten durcheinander. Was sagte man bloß in einer solchen
Situation? »Ich wollte deine Eltern und dich nur wissen lassen,
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wie Leid mir das alles tut«, fuhr sie hastig fort. »Ich kann es
selbst immer noch nicht glauben & « Sie schluckte. »Wie ist das
alles nur passiert?«
»Als meine Mutter ihn gestern fand, lag er bewusstlos vor
seinem Rechner«, berichtete Frank. »Ich lebe nicht mehr hier im
Haus, und mein Vater war auf Dienstreise. Also hat sie mich im
Studentenwohnheim angerufen, nachdem sie den Notarzt
alarmiert hatte.« Er seufzte schwer, dann fuhr er fort:
»Ich traf allerdings noch vor den Sanitätern ein, und da lag
Eric immer noch reglos vor seinem Computer, nachdem er
offensichtlich gerade ein Programm namens : Abaddon9 von der
Festplatte gelöscht hatte. Die Deinstallationsbestätigung war
noch auf dem Monitor zu lesen. Meine Mutter hatte Eric nicht
von der Stelle bewegt, weil sie fürchtete, alles nur noch
schlimmer zu machen. Sie wusste ja nicht, was mit ihm los war.
Kurz darauf traf auch der Rettungsdienst ein, und dann haben sie
Eric mit Blaulicht ins Krankenhaus gebracht. Dort ist er dann
nach wenigen Stunden an Herzversagen verstorben.«
»Aber was war der Grund dafür?«, fragte Teddy bestürzt.
»Soweit ich weiß, war Eric doch kerngesund?«
»Das wissen wir auch nicht, und auch die Ärzte stehen vor
einem Rätsel. Sein Kreislauf ist einfach irgendwann
zusammengebrochen, und dann haben alle lebenserhaltenden
Körperfunktionen versagt. Das Krankenhaus meint, man müsse
Eric obduzieren, um Näheres in Erfahrung zu bringen, aber ich
glaube, das wollen meine Eltern nicht. Das bringt ihn uns
schließlich auch nicht mehr zurück « Er brach ab.
Teddy senkte den Blick. Sie hatte einen Riesenkloß im Hals.
»Ich werde ihn sehr vermissen«, sagte sie leise. »Und ich werde
ihn nie vergessen.« Plötzlich rollten heiße Tränen über ihre
Wange.
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Frank trat auf sie zu und nahm sie behutsam in den Arm.
»Danke, dass du vorbeigekommen bist«, sagte er. »Es ist gut zu
wissen, dass es außerhalb unserer Familie Menschen gibt, die
um Eric trauern und seiner gedenken. Die Anteilnahme, die wir
in den letzten Stunden erfahren haben, gibt uns wieder ein
bisschen Kraft, um mit diesem Verlust irgendwie fertig zu
werden.«
Als Teddy wieder auf der Straße stand, holte sie erst einmal
tief Luft.
Der Besuch bei Frank hatte sie getröstet und doch auch ein
wenig beunruhigt.
Beunruhigt, weil Frank etwas gesagt hatte, worauf sie sich
einfach keinen Reim machen konnte. Er hatte erwähnt, dass Eric
vor seinem Tod »Abaddon« deinstalliert habe. Das war sehr
merkwürdig, denn das Spiel war Eric die wichtigste
Freizeitbeschäftigung überhaupt gewesen.
Völlig in Gedanken, lenkte sie ihre Schritte wie automatisch
zur Cable-Car-Station der Powell-Hyde-Linie. Kurz darauf saß
sie bereits in der Bahn, die sich ruckelnd Richtung Union Square
bewegte. Und nur zehn Minuten später betrat sie ihr zweites
Zuhause: das OpenNet Point.
Es war Samstagnachmittag, und der Laden schwirrte vor
Aktivität. Zahlreiche Besucher saßen vor den Monitoren, und
auch die Gamer-Ecke war gut besetzt.
Dort entdeckte sie auch James Sherman, der zusammen mit
einem jungen Schwarzen in Baggy-Pants, den Teddy noch nie
gesehen hatte, »Abaddon« spielte.
Sie trat auf die beiden zu. »Hi, Leute!«
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»Hi, Teddy!«, rief James. »Kennst du schon Luther?« Er
nickte mit dem Kopf in Richtung des jungen Mannes neben sich.
»Ich helfe ihm gerade durch Akt 5«, erklärte er. »Zusammen ist
es einfacher.«
»Hi, Luther«, begrüßte Teddy den Fremden, und ein
schwaches Lächeln erschien auf ihrem Gesicht. »Ich hatte beim
Level-Boss Portis auch Hilfe«, berichtete sie. »Ein fremder
Barbar, den ich im Chat aufgegabelt hatte, hat ihn gestern für
mich erledigt.«
»Ja, ja«, grinste Luther. »Was tut man nicht alles, um
schnellstmöglich in Akt 6 zu kommen, was? Bin echt gespannt,
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