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Ich ging in die Küchenabteilung, um mir noch einen Kaffee
aufzugießen. »Glaubt Ihr Vater noch an seine christliche Par-
tei?«
»Nein. Er ist damals ausgetreten, und man darf in seiner Ge-
genwart Watermanns Namen nicht mehr in den Mund nehmen.
Damals rannte er verstört durch das Haus und sagte: Der Kerl
gehört weg! Und als es dann hieß, Watermann hätte Selbst-
mord begangen, da sagte mein Vater nur: Geschieht ihm recht.
Erholt hat er sich nie davon.«
»Ist bei Ihnen jemals Polizei aufgetaucht? Oder irgendwelche
Leute von den Geheimdiensten?«
»Natürlich. Der Verfassungsschutz war da. Sie sagten, ich
solle den Mund halten, und das sei ja wohl auch das Beste für
eine Politikerschickse. Jemand von der Staatsanwaltschaft war
auch da. Aber als der hörte, daß ich mit Watermann nur ge-
schlafen habe, sagte er, mit Kinkerlitzchen könnten sie sich
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nicht abgeben. Was werden Sie machen, wohin werden Sie
gehen?«
»Erst einmal schlafen.«
»Haben Sie ein Hotel?«
»Nein. Ich rolle mich irgendwo in einem schönen Wald in
meinen Schlafsack.«
»Sie können den Schlafsack auch hier irgendwo hinlegen.«
»Das ist nett, vielen Dank, lieber nicht.«
»Das ist kein unsittlicher Antrag«, sagte sie amüsiert.
»Das habe ich auch nicht gedacht. Ich will allein sein, nach-
denken und die Gegend genießen.«
»Ich hätte Angst allein im Wald.«
»Ich habe keine Angst, eher im Gegenteil. Ich kriege nur
Angst bei zuviel Beton.«
»Ein richtiger Naturfreund«, spottete sie.
»Ich komme Sie besuchen«, murmelte ich. »Im Harlekin.«
»Ihren Kaffee trinken Sie nicht mehr?«
»Nein. Zuviel Kaffee. Schlafen Sie gut.«
Ich schloß die Tür hinter mir und ging hinunter auf den Platz,
auf dem der Jeep stand.
Sie warteten nicht, bis sich meine Augen an die tiefblaue Dun-
kelheit gewöhnt hatten. Der Mann vor mir war sicher einen
Kopf größer, er trug ein helles Jackett über einem weißen
Hemd. Er schlug eine Dublette und traf mich rechts und links
in den Halsansatz. Ich fiel nach vorn, und er sagte betont
freundlich: »Tut mir leid, die Tür ist Ihnen ins Kreuz geschla-
gen.«
Ich kniete und fiel dann langsam nach vorn. Weil mein rech-
ter Arm nicht mehr mitmachte, schlug ich mit dem Gesicht in
den Kies. Es schmeckte salzig.
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Die gleiche Stimme sagte: »Er heißt Baumeister, Siegfried.
Aus einem Nest in der Eifel. So ein Scheißschreiber.«
Eine andere Stimme fragte: »Nehmen wir ihn mit?«
»Selbstverständlich«, erwiderte der, der mir die Tür ins
Kreuz geschlagen hatte. »Wir nehmen ihn mit, sein Wagen
kann hierbleiben.«
Irgend etwas quietschte, und dann kam die aufgeregte Stim-
me Minnas: »Baumeister? Hallo? Wer ist da unten? Was
machen Sie da? Wo ist & «
»Wir sollten hier verschwinden«, sagte der Mann, der mich
zusammengeschlagen hatte. »Machen wir, daß wir wegkom-
men.«
»He, Sie da«, rief Minna. »Was ist los? Baumeister? Sind Sie
das?«
Ich hatte Sand und kleine Steine im Mund. Ich spuckte. »Ein-
laden und weg hier«, sagte der Mann über mir.
Ich wollte etwas sagen, aber es wurde nur ein Krächzen. Je-
mand faßte mich unter den Arm und hob mich hoch, ein
Wagen wurde gestartet, und eine Stimme, dicht an meinem
Ohr, sagte keuchend: »Mach dich doch nicht so schwer, Fett-
kloß.«
»Ich habe Idealgewicht«, nuschelte ich. Ich konnte nicht ste-
hen, und mein Kopf tat mir weh.
»Er ist wach«, sagte der, der mich hielt.
»Um so besser«, sagte der, der mich zusammengeschlagen
hatte.
Sie verfrachteten mich auf den Rücksitz eines Autos, setzten
sich nach vorn und schwiegen die ganze Fahrt über. Nur ein-
mal quäkte ein kleiner Lautsprecher, und der Mann am Steuer
sagte dienstlich: »Kilian kommt rein.« Das Autopolster roch
nach Mottenpulver. Ich bemühte mich, den Kopf hochzuhalten,
aber das war schwierig. In der rechten Schulter hatte ich kein
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Gefühl, die linke schmerzte scharf. Ich weiß nicht, wie lange
wir so dahinfuhren, aber sehr lange kann es nicht gewesen sein,
denn der auf dem Nebensitz sagte nörgelnd: »Man hat kaum
Zeit für eine Zigarette.«
Sie hielten in einer stillen, dunklen Straße. Die Straße sah so
aus, als hätten hier früher die besser situierten Kreise gebaut.
Es war eine Lindenallee. Sie wollten mich herauszerren, aber
ich sagte: »Es geht schon, es geht schon. Ist das hier ein stilles
Haus, ein sicheres?«
»Sicher ist es sicher«, antwortete der Jüngere.
Das Haus war zweistöckig, grau, wahrscheinlich in den fünf-
ziger Jahren gebaut. Es hatte ein schiefergedecktes Walmdach,
das machte es heimelig. Vor der Haustür hatte ein Heimwerker
eine Art Windfang aus halb durchsichtigen Plastikbahnen ge-
baut. Darin brannte eine mattgelbe Funzel.
»Das Haus der Macht«, sagte ich und wollte in den Vorgarten
gehen, aber der Große hielt mich an der Schulter fest und sagte:
»Wir mögen unsere Besucher gerne sauber.«
Er drehte mich in den matten Schein einer Straßenlaterne wie
eine Puppe und brummelte: »Gib mir mal die Kleiderbürste aus
dem Handschuhfach.«
»Er ist schön genug«, sagte der Junge.
»Nicht doch«, erwiderte der Große, »die Bürste.«
Während er mich sehr sorgfältig abbürstete, dachte ich daran,
daß meine Lieblingswirtin Anke heute standesamtlich heirate-
te. Wahrscheinlich wunderte sie sich, daß ich nicht wenigstens
als Zaungast gekommen war. Ich stellte mir ihr Gesicht vor, als
ich sagte: »Mich hat irgendein Geheimdienst geschnappt.« Sie
lachte und glaubte es nicht.
»Wieso grinsen Sie so?« fragte der Mann, der mich abbürste-
te.
»Sie amüsieren mich, Sie sind so gründlich.«
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»Opa hat es gerne sauber«, sagte er freundlich.
Als er mit seinen Bemühungen fertig war, sah ich richtig or-
dentlich aus, und wenn er mir zärtlich mit einem Kamm durch
die Haare gefahren wäre, hätte es mich auch nicht gewundert.
Sie brachten mich nicht in das Haus, sie gaben mich an der
Tür ab. Der Große sagte: »Da ist er.«
Die Frau, die mich entgegennahm, nickte nur. Es war eine
dürre Frau mit spärlichem, fast gelbem Haar und einer großen
schwarzen Hornbrille. Sie sagte distinguiert: »Nehmen Sie bitte
im Warteraum Platz.« [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]

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